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Das Schweizer Kleeblatt der Hoffnungen
Gut für Gold: Simone Luder, Vroni König-Salmi, Brigitte Wolf
und Marie-Luce Romanens
Die OL WM 2003 könnte zur goldenen WM der Schweizer Frauen werden.
Mit zwei amtierenden Einzel-Weltmeisterinnen im Team, einer grossen Portion
Selbstvertrauen im Kopf und dem heimischen Gelände unter den Füssen
sind die Hoffnungen in das Team der Schweizerinnen gross. Auch die Männer
sind insbesondere im Staffelwettkampf für eine Spitzenklassierung reif.
Während der grossartigen Staffelerfolge zu Beginn der 90er-Jahre
richtete sich die Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Schweizer Männer.
Die schon damals beachtlichen Leistungen der helvetischen OL-Frauen gingen
fast etwas unter. Das Blatt hat sich gewendet. Der lange Zeit verletzte Thomas
Bührer oder Simone Luders Bald-Ehemann Matthias Niggli kämpfen
mit ihren Kollegen um den Anschluss an die Weltspitze. Das Interesse und
die Hoffnungen richten sich in der nächsten Woche ganz auf die Frauen.
Xtra: Brigitte Wolf, mit 36 Jahren und der bereits achten WM-Teilnahme
sind Sie die "grand old lady" im Schweizer WM-Team. Wie wichtig ist die Routine
im OL-Sport?
Brigitte Wolf: Jeder OL, jeder Posten ist neu, und dennoch gibt es
immer wieder ähnliche Situationen und Probleme zu lösen. Die Routine
macht, dass man auf ein grosses Repertoire von früher angelaufenen Posten
zurückgreifen kann und es dadurch etwas weniger Überraschungen
gibt.
Xtra: Sie Simone Luder sind erst 25, aber bereits seit zwei Jahren
die Nummer 1 der Weltrangliste. Welche Faktoren neben Routine und Erfahrung
sind im OL auch erfolgsversprechend?
Simone Luder: Voraussetzung ist eine ausgezeichnete physische Verfassung.
Für ein Spitzenresultat muss man auf den Wegen wie auch quer durch den
Wald ein hohes Tempo laufen können. Zudem muss das Zusammenspiel mit
dem Kartenlesen klappen, damit keine wertvolle Sekunden beim Suchen verloren
gehen. Das Selbstvertrauen, die Motivation sowie das Wettkampfglück
am Tag X sind zusätzlich entscheidend.
Xtra: Vroni König-Salmi, Sie haben Ihren finnischen Wohnsitz hinsichtlich
der OL WM 2003 für zwei Jahre auf die Forch bei Zürich verlegt.
Was macht das Schweizer Gelände so speziell?
Vroni König-Salmi: In jedem Gelände braucht man ein gewisses
Gefühl für die richtigen Routen, wie die Posten stehen und wie
die Karten aufgenommen werden. Das "lernt" man über längere Zeit
und nicht kurzfristig. In der Schweiz werden sicher die richtigen Routenwahlen
entscheidend sein.
Das grosse, gemeinsame Ziel: Staffelgold
Xtra: OL WM in der Schweiz: Heimvorteil oder erhöhter Erwartungsdruck?
König-Salmi: Den Heimvorteil sehe ich als Unterstützung,
den Erwartungsdruck als Motivator.
Luder: Ich versuche, das Ganze von der positiven Seite aus zu betrachten
und daraus einen Vorteil zu ziehen.
Wolf: Der Erwartungsdruck kommt weitgehend aus dem Umfeld. Für
mich gilt das vielleicht etwas weniger als für Simone und Vroni - ausser
in der Staffel, da wird - vorausgesetzt ich bin im Team - auch von mir Gold
erwartet. Alle Spitzennationen haben sich ausgezeichnet auf das Schweizer
Gelände vorbereitet. Dennoch denke ich, dass wir uns etwas "heimischer"
fühlen werden als Läuferinnen anderer Nationen, da wir die Art
der Schweizer Wälder - nicht die WM-Wälder selbst - besser kennen.
Xtra: Eine Medaille ist für jede von Ihnen reserviert. Welche
Farbe in welcher Disziplin würden Sie wählen?
Luder: Gold in der Staffel. Am letzten Tag der WM, vor tobendem Publikum
mit meinen Mitläuferinnen als Erste über die Ziellinie zu rennen...
das wäre das absolute Highlight!
Wolf: In der Staffel holen wir eine Medaille, welcher Farbe auch
immer. Wir laufen gemeinsam ein starkes Rennen und hoffen, dass die anderen
nicht noch besser laufen.
König-Salmi: Gold in der Staffel: Wir haben es an den letzten
Weltmeisterschaften schon mehrfach versucht und die Medaille war oft nahe.
Jetzt werden wir sicher als Mitfavoritinnen am Start stehen. Die Genugtuung
ist gross, wenn man diese Herausforderung mit Gold beantworten kann.
Xtra: Bei dieser grossen gemeinsamen Zielsetzung dürfen aber die
drei Einzelläufe nicht vergessen werden. Hier verteidigen Sie zwei WM-Titel.
Und hier sind Sie Konkurrentinnen!
König-Salmi: Ich werde sicher auch in den anderen Disziplinen
eine Medaille anstreben. Die Konkurrenz ist gross und kommt vor allem auch
aus dem eigenen Land. Das beeinflusst meine Zielsetzungen aber nicht.
Wolf: Aus eigener Kraft kann ich kaum eine Medaille holen. Eine realistische
Zielsetzung ist für mich ein Diplom, zum Beispiel über die Mitteldistanz.
Doch eine WM hat eigene Gesetze und manchmal machen die Favoritinnen Fehler,
wie letztes Jahr an der EM in Ungarn, wo ich Silber holte...
Luder: Natürlich habe ich auch in den Einzelläufen hohe
Ziele und dort sind wir auf der Startlinie Konkurrentinnen. Aber wir können
dies gut voneinander trennen und uns auch im gemeinsamen Training immer wieder
zu guten Leistungen anspornen, da wir so einen direkten Vergleich mit der
Weltspitze haben.
Xtra: Die OL WM 2003 in der Schweiz als vorläufiger Karrierehöhepunkt.
Was folgt danach?
Wolf: Nach der WM werde ich vom Spitzensport zurücktreten und
die Wälder wieder vermehrt als Biologin denn als OL-Läuferin wahrnehmen.
Luder: Ich plane, im nächsten Frühling nach Schweden umzuziehen.
Die Vorbereitung für die WM 2004 in Schweden laufen also bereits...
König-Salmi: Der Umzug nach Finnland und die Vorbereitung auf
die WM Schweden vom September 2004...
Vroni König-Salmi, Simone Luder und Brigitte Wolf (Bild: Steinegger)
Erstellt: 2003-06-25 22:01:16
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