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Long distance Qualifikation: Wenig zu gewinnen - viel zu verlieren

Qualifikationsrennen an einer internationalen Orientierungslaufmeisterschaft haben ihre besonderen Gesetze. Die Favoriten stehen vor der etwas seltsamen Ausgangslage: Nicht allzu viel gewinnen, aber alles verlieren zu können. Verloren hat man in erster Linie dann, wenn es in der eigenen Qualifikationslaufserie nicht für die 17 reicht. Je drei Läufe gibt es bei den Damen und den Herren. Das macht je 51 Finalplätze in den beiden Kategorien. Bei 111 startenden Männern muss man also zu den 46 Prozent Besten der Welt gehören. Im Damenfeld mit 93 Teilnehmerinnen reichen 53 Prozent.

Die grosse Frage ist, wo im Teilnehmerfeld verläuft der Trennstrich zwischen der besseren und der schlechteren Hälfte. Eines ist sicher, wer immer das Gefühl hat, sich irgendwo im Bereich dieses ominösen Cuts zu bewegen, wird bereits in der Qualifikation alles daran setzen, den Lauf seines Lebens hinzulegen. Alles oder Nichts lautet die Devise bei jenen, die sich zum Vornherein zu den Aussenseiters zählen. Denn im Gegensatz zu den Favoriten haben sie wenig zu verlieren - dafür aber alles zu gewinnen. Diese Ausgangslage macht das Rennen am Qualifikationsstrich schnell und überraschend. Schon mancher Topfavorit, welcher sein Quali-Rennen locker über die Runde zu bringen glaubte, fand sich am Ende konsterniert in der Gruppe der Ausgeschiedenen.

Wie also lautet das richtige Rezept für den morgigen Langdistanz-Qualifikationslauf am Zugerberg. Der Schweizer Nationaltrainer Nik Suter gibt seinen Schützlingen folgendes Rezept mit auf den Weg: "Denkt an das, was ihr gewinnen könnt: Selbstvertrauen, einen guten Startplatz und weniger Dornen (im Final wird in umgekehrter Reihenfolge der Qualifikation gestartet). Wer sich sicher genug fühlt, seine Kräfte einzuteilen und das Rennen zu dosieren, sollte dies erst gegen Schluss des Laufes tun, wenn vorher alles gut gegangen ist." Die Logik dahinter ist klar: Wer sein Rennen von Beginn weg verhalten angeht, dann aber doch noch einen Fehler geht, gerät leicht in akute Gefahr, unter den Qualifikationsstrich zu rutschen.

Was braucht es, um sich zu qualifizieren?

Nimmt man die Europameisterschaften in Ungarn von letzten Herbst zum Massstab, wird es für die Männer ab einem Rückstand von 9-10 Prozent auf die Siegerzeit gefährlich. Die Damen müssen ab Rückständen von gegen 10 Minuten allmählich Sorgen machen, nicht mehr zum Feld der 51 Besten zu gehören.

Welche Rolle spielt der Startplatz in der Qualifikation?

Die Qualifikationsrennen an der WM sind auf möglichst grosse Fairness ausgerichtet. Vor allem soll verhindert werden, dass sich ein kartentechnisch schwächerer Teilnehmer durch einfaches Mitlaufen mit einem nach ihm gestarteten Favoriten ins Finale ziehen lassen kann. Aus diesem Grund werden pro Kategorie drei verschiedene Qualifikationsläufe ausgesteckt. Um allen Teilnehmern gleiche Qualifikationsbedingungen zu bieten, verlaufen die Bahnen der drei Läufe aber weitgehend parallel und weisen abschnittsweise auch gemeinsame Posten auf. Die Läufer wissen voneinander nicht, wer welche Bahn zugeteilt erhielt. Wird man also von einem nachfolgenden Läufer eingeholt, ist noch lange nicht sicher, dass er auch den selben nächsten Posten hat. Trotzdem kann es bei einem Startintervall von nur zwei Minuten natürlich zu sogenannten Trams – Gruppen von Läufern mit gleichen Bahnen - kommen. Durch die Aufteilung des Feldes in drei zeitliche Startgruppen wird aber dafür gesorgt, dass sich die stärksten und die schwächsten Läufer nicht allzu sehr mischen können. Jede Nation hat einen Startplatz in einer der drei Startgruppen zu Gute. Die stärksten Läufer werden in der Regel in die letzte Gruppe gesetzt. Ein später Startplatz bietet immer gewisse Vorteile. Dies vor allem, weil sich bis dann in dornenreichen, grünen oder sumpfigen Passagen Pfade abzuzeichnen beginnen, die das Ansteuern der Posten erleichtern können.

Wie sind die Startplätze der Schweizer zu beurteilen?

Sara Gemperle hat das Pech, die Qualifikation eröffnen zu müssen. Sie wird mit Sicherheit ihr eigenes Rennen laufen müssen. Die nächste Schweizerin ist Brigitte Wolf. Zwei Minuten hinter ihr geht die starke Norwegerin Brigitte Huseby ins Rennen. Ob Wolf allenfalls von einem „Teamwork“ mit ihr profitieren kann oder muss, steht natürlich völlig offen. Ein interessantes Paket von Spitzenläuferinnen zeichnet sich im letzten Startblock ab. Die Schweizerinnen Marie-Luce Romanens und Titelverteidigerin Simone Luder starten im Abstand von nur zwei Minuten – wenn auch mit Sicherheit nicht auf der selben Bahn. Mit von der Partie wird auch noch die Finnin Liisa Antilla sein. Die Britin Heather Monro nimmt das Rennen vier Minuten nach Simone Luder in Angriff nochmals zwei Minuten später startet die norwegische Kurzdistanz-Weltmeisterin Hanne Staff.

Bei den Herren nimmt Marc Lauenstein als erster Schweizer die Langdistanzqualifikation in Angriff, zeitgleich mit dem Weltranglistenersten Jarkko Huovila aus Finnland. Auch Felix Bentz hat mit dem ukrainischen Seriensieger aus der Park World Yuri Omeltchenko einen prominenten Startpartner zugelost bekommen. Definitiven Aussagen rund um den Qualifikationsstrich für das Langdistanz Finale vom Mittwoch werden aber erst ganz am Schluss des Rennens möglich sein. Innerhalb von 12 Minuten folgen sich dann die Topfavoriten sozusagen Schlag auf Schlag. Darunter der norwegische Weltcupgesamtsieger des Jahres 2002, Björnar Valstadt, der Schweizer Europameister Tom Bührer, Domonyik Gabor aus Ungarn, Emil Wingstedt aus Schweden und – ganz zum Schluss – der amtierenden Langdistanz-Vizeweltmeister Jani Lakanen aus Norwegen.

Erstellt: 2003-08-03 22:27:11

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