Aus dem Tages-Anzeiger vom 13.8.97
Mit Petter Thoresen und Hanne Staff triumphierten an der OL-WM in Norwegen im Einzellauf zwei Einheimische. Die Schweizerinnen überzeugten als Team. Sabrina Meister-Fesseler kam als Beste auf Platz 7. Dominik Humbel musste sich als bester Schweizer mit Rang 16 bescheiden.
Sabrina Meister (Siebte), Marie-Luce Romanens (Neunte), Vroni König (Zehnte) und Brigitte Wolf (Zwölfte) schnitten im Klassement nach Rangpunkten von allen Nationen am stärksten ab, was für die Staffel vom Samstag zu Hoffnungen Anlass gibt. "Es ist fast unglaublich, dass wir so stark abschnitten", zeigte sich Cheftrainer Jost Hammer zufrieden. Er bedauerte einzig, dass ein Exploit fehlte. Aber mit einer Medaille war im überaus schwierigen norwegischen Gelände im klassischen Einzellauf nicht zu rechnen. Auch wenn die Schweizer zum Teil monatelang in Norwegen trainierten, sind die Skandiniver zu Hause immer stärker.
"Ich bin mit meinem Lauf sehr zufrieden", sagte die beste Schweizerin, Sabrina Meister, die nur bei zwei Posten kleine Fehler zu verzeichnen hatte. Die 31jährige Neuhauserin erreichte bei ihrer sechsten WM-Teilnahme ihr bisher bestes Resultat; 1993 war sie in den USA Zehnte geworden.
Bei Posten 10 wurde Sabrina Meister von Hanne Staff und Gunilla Swärd eingeholt, die vier beziehungsweise zwei Minuten hinter ihr gestartet waren. Sie verhalf damit Staff indirekt zu WM-Gold. "Weil so drei gute Läuferinnen zusammen waren, konnten wir sehr offensiv laufen", sagte die 25jährige Weltmeisterin, die als erste Norwegerin seit Anne-Berit Eid (1978) wieder eine Goldmedaille gewann.
"Ich bin extrem vorsichtig gestartet, um gut auf die Karte zu kommen", sagte die Kurzdistanz-Titelverteidigerin Marie-Luce Romanens, die am Schluss im diffusen Gelände wie in der Qualifikation etwas Mühe bekundete. "Ich hätte bei dieser Hitze nicht schneller laufen können", erklärte Vroni König, die nach Platz 5 im Jahr 1995 erneut unter die besten zehn kam. Und Brigitte Wolf war überzeugt, ihre Fähigkeiten umgesetzt zu haben.
Nur 24 Stunden nach der Qualifikation wurde der Final bei den Männern zu einem unglaublichen Härtetest. Diesmal machte den Läufern nicht nur die Hitze, sondern auch die überaus lange Distanz zu schaffen. Bei den Männern wurde die vorgesehene Siegerzeit um über zehn Minuten überboten; viele sprachen vom härtesten Wettkampf, den sie je bestritten haben.
Bei den Schweizern zeigte sich wie vor zwei Jahren in Deutschland, dass sie bei solchen Wettkämpfen physisch an ihre Grenzen kommen. "Kartentechnisch war es nicht so schwer, wie ich es erwartet habe", meinte Dominik Humbel. Als Zwanzigster erreichte Daniel Giger, der in der Qualifikation in seinem Startfeld Fünfter geworden war, bei seiner ersten WM ein achtbares Ergebnis. "Manchmal hatte ich keine Ahnung, ob meine Routenwahl gut war", sagte der Goldauer, der am Schluss von Weltmeister Petter Thoresen profitieren konnte. Völlig entkräftet kam Christoph Plattner als 23. ins Ziel, und der Neuenburger Alain Berger (Rang 32) hatte sich vom Vortag, als er dehydriert ins Ziel gekommen war, noch nicht erholt.
Wie bei den Frauen profitierte auch bei den Männern Petter Thoresen, der nach seinem Kurzdistanztitel von 1993 zum zweiten Mal Gold holte, von starken Mitläufern. Bereits nach halber Distanz hatte der Norweger den zwei Minuten vor ihm gestarteten Titelverteidiger Jörgen Martensson eingeholt.
"Ich hatte von den Routenwahlen her keine Chance mehr wegzukommen", sagte der Schwede, der seine elfte WM bestreitet, nach dem Gewinn der Silbermedaille. Er glaubte zwar nicht, dass es mit dem früher angewendeten Drei-Minuten-Startintervall viel anders herausgekommen wäre. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich weniger Gruppen gebildet hätten, wäre schon kleiner gewesen. (Si.)
Klassischer Einzellauf. Männer (13,66 km/535 m Steigung/24 Posten): 1. Thoresen (No) 1:40:16. 2. Martensson (Sd) 1:41:58. 3. Björlo (No) 1:43:04. 4. Jörgensen (Dä) 1:43:51. 5. Prokes (Tsch) 1:45:01. 6. Salmi (Fi) 1:45:24. 7. Ivarsson (Sd) 1:45:53. 8. Boström (Fi) 1:46:35. 9. Ropek (Tsch) 1:46:41. 10. Nymalm (Fi) 1:47:32. - Die Schweizer: 16. Humbel 1:51:20. 20. Giger 1:54:09. 24. Plattner 1:55:43. 32. Berger 1:58:35. (60 Läufer gestartet). Frauen (8,7 km/345 m Steigung/17 Posten): 1. Staff (No) 1:12:56. 2. Borg (Sd) 1:13:40. 3. Sandstad (No) 1:14:34. 4. Tiira (Fi) 1:14:38. 5. Swärd (Sd) 1:14:50. 6. Paronen 1:16:35. 7. Meister-Fesseler (Sz) 1:17:46. 8. Hague (Gb) 1:18:17. 9. Romanens (Sz) 1:18:37. 10. König 1:18:56. Ferner: 12. Wolf (Sz) 1:20:48. (60 Läuferinnen gestartet).