Von unserem Mitarbeiter Thomas Scholl
In dem die OL-Weltmeisterschaften in Norwegen abschliessenden Staffel-Lauf hat das Schweizer Damenteam dank einer ausgeglichenen Leistung den dritten Platz erreicht. Die Herren hingegen belegten wegen schwerer Fehler lediglich den fünften Rang.
Grimstad, 16. August
Den abschliessenden Staffelwettbewerb an den Weltmeisterschaften der Orientierungsläufer haben in der Damenkategorie die Schwedinnen vor Norwegen und der Schweiz gewonnen. Im Lauf der Herren lautete die Reihenfolge überraschend Dänemark vor Finnland und Norwegen. Der Lauf der Damen war zunächst recht monoton verlaufen: Schweden hatte schon auf der ersten Strecke die Führung übernommen und sie immer weiter ausgebaut. Erst als Marlena Jansson am drittletzten Posten noch einen groben Fehler beging, kam wieder etwas Spannung auf, doch rettete sie eine gute Minute Vorsprung ins Ziel
Die Schweizerinnen Brigitte Wolf und Marie- Luce Romanens starteten gut, so dass sie nach zwei Strecken Zweite mit fast zwei Minuten Vorsprung auf Norwegen waren. Vroni König verlor dann einen Rang mit der Suche nach einem «grünen» Posten, der im Gebüsch schwer sichtbar war. Sabrina Meister hielt den dritten Platz auf der Schlussstrecke mit einem kontrollierten, sicheren Lauf. Dem Schweizer Quartett ist damit der Erfolg gelungen, der ihm nach den Einzelresultaten zusteht. Das Team ist über Jahre hinweg gereift, vereinigt die Erfahrung von insgesamt 15 WM-Teilnahmen, unzähligen internationalen Wettkämpfen und Nordlandaufenthalten. Während der ganzen WM ist den vier Läuferinnen in insgesamt 20 Einsätzen kein grösserer Fehler unterlaufen. Die schlechteste Klassierung war ein 14. Platz im Kurzstreckenfinal.
Das Herrenrennen hingegen hat bewiesen, dass der Staffellauf die spannendste OL-Form ist. Dank dem Massenstart war die jeweilige Reihenfolge der Läufer ohne Rechnen stets klar. Funkposten und zwei Passagen in Zielnähe, wo die Läufer für kurze Zeit sichtbar wurden, hielten die Zuschauer stets auf dem laufenden.
Als der Finne Timo Karppinen von der ersten Strecke mit fast fünf Minuten Vorsprung zurückkam, schien das Rennen gelaufen. Nach der zweiten Strecke führte aber überraschend die Ukraine vor Schweden. Als der dritte schwedische Läufer disqualifiziert werden musste und die Ukraine zurückfiel, war das Rennen auf der vierten Strecke neu lanciert. Der finnische Kurzstreckensieger Janne Salmi und der dänische Weltmeister über die klassische Distanz von 1993, Allan Mogensen, wechselten in der Führung ab, begingen beide kleinere Fehler und begegneten einander mehrfach. Als Folge des Staffelsystems hatten sie aber immer wieder unterschiedliche Posten anzulaufen und konnten einander nicht folgen. Zuletzt hatte der Däne die besseren Nerven: Nach dem drittletzten Posten hörte er aus dem Ziellautsprecher, er sei 10 Sekunden voraus. Er steigerte das Tempo noch etwas, weil er es nicht auf einen Spurt ankommen lassen wollte, und brachte den Vorsprung sicher ins Ziel.
Die Schweizer Herrenequipe hatte nach ersten Plätzen an den letzten drei WM dieses Mal kein Glück. Dominik Humbel legte auf der Startstrecke als Fünfter, noch vor den Dänen, eine gute Grundlage. Dann verpatzte Alain Berger seinen Lauf mit mehreren Fehlern völlig. Er verlor 19 Minuten und 4 Ränge. Die beiden folgenden Schweizer konnten sich unbelastet darauf beschränken, den Schaden in Grenzen zu halten.
Neue Zürcher Zeitung vom 18.8.1997